Wir wissen, dass unser Land an dritter Stelle als „Exportweltmeister“ im Rüstungsgeschäft rangiert. Wir wissen dass die Bodenseeregion nicht nur ein Ort der Erholung und Regeneration für viele Millionen Menschen jährlich ist, sondern auch eine Hochburg der Waffenproduktion z.B. sogenannter „Lenkflugkörper“, weiteren Waffengattungen und Aufklärungstechnik. Meist wird dies unter der Umschreibung: „Hightech“ ins öffentlich mediale Bewusstsein lanciert zur Befriedung eventuell kritischer Bevölkerung.
Der Waffenindustrie im Grunde ja entgegenstehend zeigen jene „Erinnerungsarbeiter“ auf die durch Militarisierung beruhenden Schrecken unserer jüngeren Geschichte, machen diese transparent und mahnen gleichzeitig für die jetzige und künftigen Generationen. „Nie wieder“!
Wie ist es möglich, dass am Ortsrande von Überlingen, eine Geburtstagsfeier der besonderen Art inszeniert wird (Oktober 2010), wo unter den Augen der schweigenden Öffentlichkeit vor versammelter Lokalpolitik und Prominenz Kriegswaffen, zur Schau gestellt werden und sich Honoratioren wie Herr Stadtrat Wilhelmi als Vertreter der Stadt über diese Produktionsleistungen, in überschwenglichem Lob ergehen.
„Ein Glücksfall für Überlingen…. auch mit Blick auf das gesellschaftliche Engagement, auf Sponsoring……ich finde großartig was sie hier machen.“, so Stadtrat Raimund Wilhelmi. Cocktails und Häppchen mit den Namen der Raketen wurden gereicht um „stilgerecht anzustoßen auf den Erfolg“.
So der Bericht des Südkurier vom 26.10.2010 unter seiner Überschrift: „Prosit auf 50 Jahre Lenkflugkörper vom Bodensee“.
Wie weit muss so etwas wie Moral gesunken und historisches Bewusstsein eingeebnet worden sein, wenn dies gerade an jenem Ort gefeiert wird, an dessen anderen Ortsrand die Nazis eine Außenstelle des KZ Dachau unterhielten und dort KZ und Zwangsarbeiter, „Bombensicheren Raum schaffend“* für die Rüstungsproduktion unter totalitärer und menschenverachtender Herrschaft ihr Leben lassen mussten.
Zitat Südkurier am 15.08.2009: „Aus dem Urlaub in die Kälte des KZ Stollens“
Fragen:
Sind die heutigen Waffen denn besser, menschenfreundlicher, zielgenauer, sauberer und sicherer?
Auf jeden Fall aber „Arbeitsplatz- und Gewerbesteuer sicherer“ und die Arbeitsbedingungen ihrer Herstellung höchst komfortabel und bestens entlohnt.
Gibt es also grundsätzliche Unterschiede?
Sind etwa die KZ- und Zwangsarbeiter der Firma Diehl, unter der Naziherrschaft historisch „weniger Wert“ als jene, die in Überlingen zu Tode gebracht wurden und denen man regelmäßig gedenkt? Wird an die Überlinger Opfer erinnert unter Ausschluss der Opfer welche zu jener Zeit unter der Firma Diehl Opfer wurden, weil jene Firma heute die Nähe ihrer „Altlasten“ scheut?
Vielleicht unter dem Aspekt Verhältnismäßigkeit?
Ist etwa die Menge an Arbeitsplätzen im Rüstungsbetrieb Diehl heute mehr wert als ihre damaligen Opfer geschweige denn vor allem jener Opfer, welche durch die heutigen Arbeitsplätze bedingt sein können oder schon waren oder sind?
Führt jene Firma Diehl deren Hauptsitz sich in Nürnberg befindet, die sich heute in zig Teilfirmen und Kooperationen aufgesplittet hat und damals wie heute ein Familienbetrieb ist, nicht ins „historische Abseits“ wenn sie damals u.a. jüdische Zwangsarbeiter zu Tode brachte und heute immer mehr Spuren zum „jüdischen“ anbahnt. Zur Kooperation mit israelischen Rüstungsfirmen nämlich. „Wiedergutmachung“ der perversen Art, die zu weiterem Tod und Leid führt, dieses mal unter den Opfern Israels: Dem palästinensischen Volk!
Wird, wer diese Fragen heute nicht stellt, nicht zu einem „Sklaven“, der in Abhängigkeit nicht nur von seinem Arbeitsplatz, sondern auch in der Verstrickung in gesellschaftlichen Aktivitäten gipfelt?
Verwischt die Zeit historisches Bewusstsein, eine sich hieraus ergebende Moral und den Auftrag verantwortungsvolleren Handelns für die Zukunft?
Oder blenden die intelligenten Waffen mit ihren hohen Umsätzen, die Politik, die sich schnell in einer sexy speedigen Sprache verplappert wo Hightechflugkörper mit Sprengstoffhäppchen und Marzipanraketen versüßt, noch jeden Körper in das stumme Ghetto der Zwänge einer kapitulierten Lokalpolitik gelenkt hat. Politik, die in den Fängen der Rüstungsindustrie zappelt oder sich gar gerne dort bewegt?
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