Zu den saisonalen Plagen, welche die Menschheit immer wieder heimsuchen, zählt in unseren Landen neben den narzisstischen Wahlkämpfen die Wintergrippe.
Weniger fulminant ist die Dezember-Niko-Laus-Epidemie, die meist in den ersten Tagen dieses Monats auftritt. Die gute Nachricht in diesem Annus horribilis aber ist: Besagte „Niko-Laus“ (auch „Nikolaus“ geschrieben) hat endlich ihre Gender-Gerechtigkeit erhalten; belegte man sie doch bis vor kurzem mit dem falschen Genus-Artikel „Der“ (Nikolaus).
Schon seit alters her gilt „Nikolaus“ als heilig. Das erklärt sich nach ihrem Habitat, welches das edle Haupt des Menschen ist und wo der Heiligenschein aufsitzt. Dementsprechend lautet ihr dynastischer Name „Pediculus humanus capitis“. Die Spezies „Niko-Laus“ ist nach ihrem Entdecker, einem gewissen Magister Artium septem liberales „Niko“, benannt, der sich einst nach monate-langem Grübeln immer heftiger den Kopf kratzte. Und siehe da, es fielen putzige Tierchen auf das altägyptische Papyrus, das er zu übersetzen versuchte.
Sein Forscherdrang ward geweckt. Er nahm eine Reihenuntersuchung diverser Köpfe vatikanischer Würdenträger vor und fand dieselbe krabbelnde Population wie auf seinem Haupt. Nach der wissenschaftlichen Taxonomie wurde die Kopf-Laus auf den Namen seines Entdeckers getauft, eine kaum schmeichelnde Ehrung. Denn es stellte sich bald heraus, dass unter der Larve der Niedlichkeit ein Parasit verborgen ist, der sich vom ekklesialen Blut seines humanen Wirtes ernährt. Daher soll nach Verlautbarungen des Vatikans der Niko-Laus der Status der Heiligkeit ab sofort aberkannt werden. Die kirchlichen Würdenträger versuchten, sich der lausigen Last zu entledigen. Die einen schlugen sich gegenseitig auf die Köpfe. Hatte man einen Treffer gelandet, so erklang ein scharfes Knacken. Deshalb nannte man diese Schädlingsbekämpfungsmethode Kopfnüsse austeilen.
Die anderen ließen sich eine Glatze scheren. Auf der glatten kranialen Fläche konnte sich die Nikolaus nicht lange halten. Allerdings ging meist bei dieser Entlaubungsaktion auch der Heiligenschein verloren. Um das zu kaschieren kreierte die Kirchenhierarchie die Bischofsmütze, also die Mitra. Doch das hatte wiederum den Nachteil, von der himmlischen Inspiration abgeschirmt zu werden. Bar jeglicher Erleuchtung und ohne Zierde des Heiligenscheins besann sich die vatikanische Nomenklatura auf ihre eigentliche Kompetenz: Sie wurden Kirchenfürsten, die sich den Himmel auf Erden bereiten ließen. Nutznießer waren die aufblühenden Künste der Renaissance.
Und die Niko-Läuse? Die wanderten im Beichtstuhl vom Priester auf die Gläubigen und spendeten den Sündern den beißenden lausigen Trost, aber auch das plagende Gewissen, besonders zur „Niko-Laus-Zeit“.
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