Nachdem die Bologna-Reform in nun mehr 22 Jahren unser Bildungswesen auf das Bodenniveau des weltweiten angelsächsischen Wirtschaftsraumes gesenkt hat, soll nun auch der Straßenverkehr entsprechend diesem Vorbild angeglichen werden:
Am 1. April wird in den EU-Staaten der Linksverkehr eingeführt – dies aber nicht von heute auf morgen sondern schrittweise: Zuerst muss der Schwerlastverkehr die linke Fahrspur benutzen, dann nach vier Monaten folgen die PKW´s. Ab 01.01.2023 gilt schließlich für alle das Linksfahr-Gebot, jedenfalls für die, die diese Eingewöhnungsphase linkisch überlebt haben. Weitere Rückfragen sind an das Bundesministerium für Verkehrswesen zu richten, aber erst post mortem.
Des Weiteren ist die Übernahme der angelsächsischen Ernährungskultur geplant, sodass EU weit vom Nordkap bis Sizilien in jedem Restaurant „Haggis“ genossen werden kann, eine schottische Köstlichkeit vom Schaf mit Herz, Leber, Lunge, Nierenfett und Magen. Dem Connaisseur kredenzt man zudem knackfrische Schafsaugen, die jede Auster alt aus-sehen lassen. Wem das auf den Magen schlägt, labe sich an Fish&Chips, dem maritimen Pendant zu den oben erwähnten Schlachtabfällen. Zum Frühstück gibt’s Ham and eggs mit Bohnen. Last but not least: Der Nachtisch wartet mit Plumpudding, wahlweise Yorkshire Pudding auf.
Gerüchte, dass diese Nahrungsumstellung in der EU zu einem drastischen Bevölkerungsschwund führen werde, sind nach amtlicher Versicherung völlig unbegründet. Schließlich leben die Briten nach wie vor froh und munter auf ihren Inseln. Böse Zungen hingegen behaupten, dass das globale angelsächsische Reich nur deshalb entstanden sei, weil die miserable englische Küche ganze Volksschichten zur Auswan-derung nach Übersee getrieben habe. Doch das sind nur Märchen.
Außerdem bleibt ja die traditionelle Festlandsküche für eine gewisse Übergangszeit erhalten, also Trippe a la genovese, Lungenbraten, gebackenes Kalbshirn, Eisbein, Elsässer Schnecken, Pfälzer Saumagen, frittierte Hahnhoden, Blutkuchen, mit Maden durchzogener Schafskäse aus Sardinien, Zünglein vom „wilden Waldmops“ im Bärlauch-Nestchen mit Bienenhonig betropft…
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, also die amt-liche Interessenvertretung der Nahrungsmittelindustrie, appelliert an die Opferbereitschaft der Bevölkerung. In diesen harten Zeiten müsse jeder Bürger dieser notwendigen kulinarischen Erweiterung des Wirtschaftsraumes mundig am Mittagstisch mit Sputum beipflichten.
Das sind hochinteressante Neuigkeiten, die aber noch einiger Ergänzungen bedürfen. So hat die Bundesregierung in enger Abstimmung mit der EU gerade die Bereitstellung eines Sondervermögens noch unbekannter Höhe beschlossen, womit der Umbau des kontinentaleuropäischen Fahrzeugbestandes auf Rechtslenkung finanziert werden soll. Wer jemals versucht hat, bei unserem bisherigen Rechtsverkehr mit einem rechtsgesteuerten Fahrzeug auf einer unübersichtlichen Landstraße einen LKW zu überholen, wird dies für unbedingt erforderlich halten. Denn Linksverkehr und Linkslenkung passen genauso wenig zusammen. Wegen der enormen Kosten dieser für die Verkehrssicherheit unumgänglichen Maßnahme schließt sogar Herr Lindner Steuererhöhungen nicht mehr aus…
Über eine substanzielle Verlängerung der Übergangszeit von traditioneller Festlandsküche zu angelsächsischer Ernährungskultur wird im Moment ernsthaft nachgedacht. Frau von der Leyen insistiert auf einer Frist von 10 Jahren. Im Gegenzug fordern die Briten, dass in jedem EU-Haushalt ab sofort einmal pro Woche Irish Stew auf den Tisch kommt, natürlich in der nordirischen Variante (wogegen Dublin schon erbitterten Widerstand angekündigt hat). Wir sollten dringend nach einem Kompromiss streben – unser kulinarisches Erbe ist einfach zu komplex und zu reich, um sozusagen im Tellerumdrehen in der Versenkung zu verschwinden. Man denke allein an die fluffige Leber von all den bis zum Erbrechen gestopften Enten und Gänsen, an knoblauchgeschwängerte, herrlich lutschige Froschschenkelchen, für die man ganzen Kohorten quakender Frösche immer wieder die Beine ausreißt, an leuchtend rot lackierte Hahnenkämme, die den knusprig frittierten Hoden nämlichen Vogels erst den letzten Pfiff verleihen, an mit Ingwer und Koriander marinierte Schwänzchen vom Rehpinscher, die sich im Bärlauchnest nicht weniger wohl fühlen als die Zünglein vom (leider von Aussterben bedrohten) wilden Waldmops. Nicht zu verachten sind auch die Seeigelzungen, bei denen es sich freilich um Genitalien handelt (worauf die im Französischen gebräuchliche Bezeichnung „amourettes“ dezent hinweist). Doch dem deftigen Thüringer Blutkuchen ist vielleicht ein delikates Bluttäubchen vorzuziehen. Damit das den Geschmack steigernde Blut drin bleibt, muss unsere Lieblingstaube nicht unters Messer. Schon im 18. Jh. waren deutsche Feinschmecker um das Tierwohl besorgt, wie ein Kochbuch von 1749 eindrücklich belegt. Zu den „einheimischen Tauben, die wie Rebhühner zu braten sind“, heißt es dort: „Gieße denen lebendigen Tauben Essig und Pfeffer in den Hals, binde ihnen den Hals mit einem Faden feste zu und lasse sie verzappeln.“
Sollen solche zivilisatorischen Höhepunkte wirklich der globalen Nivellierung zum Opfer fallen? Darüber ist hoffentlich noch nicht das letzte Wort gesprochen!