Die Fabian-Gesellschaft

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Es ist bekannt, dass die Protokolle der Älteren von Zion eine Fälschung ist. Weniger bekannt ist, weshalb viele gebildete und ungebildete Menschen um die Jahrhundertwende daran glauben konnten, dass es sich um einen echten „Leak“ (wie man heute sagt) handeln könnte.

Folgendes ist keineswegs erfunden, jeder kann es frei recherchieren, beispielsweise in einem Buch von H. G. Wells (einem der frühesten Mitglied der Fabian Gesellschaft) mit dem Titel „Die offene Verschwörung – Entwürfe für eine Weltrevolution“. (The Open Conspiracy – Blue Prints for a World Revolution, 1928). 1

Wells schlägt darin die folgenden notwendigen Voraussetzungen für unabhängige Initiativen in der Offenen Verschwörung: (1) Die Anerkennung (praktisch und theoretisch), dass alle existierenden Regierungen nur provisorisch sind; (2) Der Entschluss die Konflikte dieser Regierungen zu minimieren; (3) Die Entschlossenheit privates und ortsgebundenes Eigentum (mindestens im Kreditwesen, Transport und der Produktion) durch eine verantwortungsvolle Weltführung zu ersetzen. (4) Die praktische Anerkennung, dass die Welt biologische Kontrollen benötigt, zum Beispiel im Bereich Bevölkerung und Krankheit; (5) Die Unterstützung eines minimalen Standards von individueller Freiheit und Wohlfahrt in der Welt; und (6) Die über allem stehende Pflicht, das persönliche Leben der Schaffung einer Weltführung unterzuordnen, die zu diesen Aufgaben fähig und der allgemeinen Förderung des menschlichen Wissens und Könnens und der menschlichen Macht willens ist.

Das war bei weitem nicht das erste Mal, dass so ähnliche Grundsätze publiziert wurden.


1. Die Fabian Gesellschaft

Die Fabian Gesellschaft wurde 1884 gegründet und hat sich nach dem römischen General Quintus Fabius Maximus benannt, der berühmt wurde als ‚der Zauderer‘ (Latein: Cunctator), aufgrund von seiner Strategie, seine Angriffe auf die einfallenden Karthager auf den richtigen Moment aufzuschieben. Der Name Fabian Gesellschaft wurde im ersten Fabian Pamphlet erwähnt und enthielt folgende Bemerkung:

„Auf den rechten Moment musst du warten, wie einst Fabius geduldig wartete, als er sich im Krieg mit Hannibal befand, obwohl viele sein Zögern tadelten; aber wenn die Zeit kommt, muss du hart Zuschlagen, wie Fabius es tat, oder all dein Warten wird umsonst und fruchtlos gewesen sein.“

So ist auch ein Emblem der Fabian-Gesellschaft zu erklären, die Schildkröte (ein sich langsam bewegendes Tier mit hartem Panzer), deren Motto ist: When I strike, I strike hard.


 


Es gibt viele einflussreiche Institutionen, die maßgeblich von der Fabian Gesellschaft beeinflusst wurden, zum Beispiel die Labour Party und manche wurden auch direkt von ihr gegründet, wie die elitäre London School of Economics (LSE). Hervorgegangen ist die London School of Economics 1894 aus einem Übereinkommen diverser Mitglieder der Fabian Society, darunter Beatrice Webb, Sidney Webb, George Bernard Shaw und Graham Wallas. Die Gründung zu diesem Zeitpunkt ging einher mit lebhaft geführten gesellschaftlichen Diskussionen um Klassenunterschiede und neue Wege sozialen Fortschrittes. Diese renommierte, wirtschaftliche Ausbildungsstätte, hat Generationen von englischen und dann auch internationalen Führern im Geiste der Fabiane ausgebildet. Oft wurden sie anschließend Hauptakteure in dem politischen und wirtschaftlichen Leben ihrer Länder. Beispielsweise Präsident John Kennedy; die Königin von Dänemark Margarethe II; Pierre Trudeau (kanadische Premierminister) und sein Sohn Justin Trudeau; der Finanzier George Soros (Gründer der Open Society Institutes); auch Annalena Baerbock (wenn auch nur ein Jahr 2004-2005), u.v.m., besuchten diese Schulbänke.

 

2. Das Fabian Fenster

Das Fabian Fenster wurde von 1910 George Bernard Shaw in Auftrag gegeben und fand seine Heimat in der London School of Economics (LSE), jedoch wurde es 1978 gestohlen und es tauchte 2005 in Arizona, USA, wieder auf und wurde dann vom Webb Memorial Trust erneut gekauft.


Das Fabian-Fenster wurde am 20. April 2006 von Premierminister Tony Blair in der Shaw-Bibliothek (LSE) enthüllt.

Blair äußerte sich zur Fabian Gesellschaft folgendermaßen:

„Trotz aller offensichtlichen Unterschiede in der Politik, der Einstellung und der Positionierung … wären viele der Werte, für die die Fabians und George Bernard Shaw standen, in der heutigen Labour-Partei sehr gut erkennbar, zumindest hoffe ich das. Eines der Dinge, die sie meiner Meinung nach am besten beherrschten, war die Tatsache, dass sie das traditionelle Denken, das unser Land beherrschte, völlig ikonoklastisch hinterfragten, und zwar immer dann, wenn ein Stück konventioneller Weisheit herauskam, stellten sie diese konventionelle Weisheit in ihren Grundzügen in Frage, und das mit bemerkenswertem Erfolg.“

Caroline Charlotte Townshend entwarf im Auftrag von George Bernard Shaw das „Fabian Fenster“

Das Fabian-Fenster, auch genannt das Shaw-Fenster, befindet sich in der Shaw Bibliothek in der London School of Economics (LSE)

Zunächst ist mittig im Fenster zu sehen, wie auf eine „heiße Erdkugel“ mit Hammern eingeschlagen wird, wie um sie zu schmieden. Darüber ist das Banner zu lesen:

„REMOULD IT NEARER TO THE HEART’S DESIRE“

Das ist eine Zeile aus Omar Chayyām und bedeutet wörtlich: „Forme es gemäß deinem Herzenswunsche um.“

Aus Rubayiat 1, XXIV:

„Könnt ich walten wie Gott im Himmelzelt
Ich hätt’es schön längst auf den Kopf gestellt,
Um ein anderes zu bauen, wie ich es verstehe,
Welches ganz nach den Wünschen der Menschen sich drehe.“

Links daneben ist zu lesen:

„Pray devoutly – Hammer stoutly“ (Bete fromm und hammere kräftig)

Über der roten Weltkugel findet man noch ein Emblem der Fabian Gesellschaft, den „Wolf im Schafspelz“.

Die Wendung „Wolf im Schafspelz“ stammt aus einer Predigt Jesu im Neuen Testament: Hütet euch aber vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe. (Mt 7,15 ELB). Deren wahre Natur werde durch ihre Taten offenbar (An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen, Vers 16).

Unten sieht man, wie zehn Menschen einen Stapel Bücher in ihrer Mitte anbeten, rechts fünf Frauen, links fünf Männer, ganz links außen H. G. Wells, der allen anderen eine lange Nase zeigt.

Einige dieser heiligen Bücher sind:

  • Plays Pleasant / Unpleasant von George Bernard Shaw (abgekürzt GBS)
  • Plays for Puritans von GBS
  • Man and Superman von GBS
  • History of Trade Unionism von Sidney und Beatrice Webb
  • Minority report (Poor Law) entstanden in Zusammenarbeit mit S. Und B. Webb 2
  • Industrial democracy von S. Und B. Webb
  • English Local Government von beiden Webbs
  • Fabian Tracts and Essays (von mehreren Autoren) 3

3. Literatur-Soldaten

Das Besondere an dem Siegeszug der Fabianer, die sich auch sonst überall platziert haben, wo der Ton angegeben wurde, war, dass sie auch einen literarischen Krieg geführt haben.

Die wichtigsten „Literatur-Soldaten“ waren in ihren ersten Generationen:

  • George Bernard Shaw (1856-1950) – Nobelpreis für Literatur 1925
  • H. G. Wells (1866-1946)
  • Aldous Huxley (1894-1963)
  • George Orwell (1903-1950) – Aldous Huxley war Orwells Französischlehrer in Eton – und 4
Briefwechsel George Orwell – Fabian Gesellschaft, wo Orwell Vorträge gehalten hat

Aktueller Screenshot der Fabian Gesellschaft

Das, was ich als „Literatur-Soldatentum“ beschreibe, kann man als eine Form des Kulturmarxismus sehen (die Tochter von Karl Marx, Eleanor Marx, war übrigens Fabianerin). Diese Autoren machten literarische Genres beliebt, wie Sciencefiction und Anti-Utopien.

 

Sie schlugen ein in eine englische Gesellschaft, die auf die Änderungen nicht vorbereitet war.

Hier ein kleines Stimmungsbild jener Zeit der Ümbrüche durch einen Autoren, der nicht auf der Fabian-Linie war: Den Anfang des Zwanzigsten Jahrhunderts in England beschrieb der amerikanische Dichter Ezra Pound so:

 

„Zu Dokumentationszwecken und für den Fall, dass dieses Buch die nächsten fünfzig Jahre bestehen bleibt, möchte ich Folgendes festhalten: nämlich, dass Männer meiner Generation den Bauchplatscher oder Zusammenbruch einer Reihe von König- und Kaiserreichen miterlebt haben, alle waren sie verdorben und kein einziges verdient Mitleid oder zwei Wörter des Bedauerns. Unter den Fäulnissen ist es schwierig, eine gerechte Einschätzung abzugeben.

Die Großfürsten stanken nicht schlimmer als Basel, die Banque de France oder andere Politproduzenten. Sie verkauften ihre Länder. Sie hatten keine moralische Größe.

Jedoch bereicherte ihr Untergang für einige Jahre die Bohème oder la vie humaine des littérateurs durch ihre Zersplitterung in Fragmente.

Nachdem es die Formen des XIX. Jahrhundert zerschossen hat, blieb eine Art Oberfläche liegen. Intakt war einzig noch eine Sorte von riesigem Pappfloß auf einem Wasserfall von abgestandener Plörre. Man hätte meinen können, man wäre in einem Raum von Madame Tussauds.

Ich schieße hier nicht aufs Geratewohl auf irgendwas mir persönlich Verhasstes. Ich stelle den Kontrast heraus zwischen der feinen Blume einer Zivilisation und einer Sorte von verdorbener Korruption.

Die Bewohner waren beruhigt, aber nicht bei Bewusstsein, wie Halberstickte, die aber noch lächelten, sagen wir mal, mit einem Hauch von Steifheit.

Männer meiner Zeit haben „Partys“ in Londoner Gärten gesehen, wo alle anderen (Männer), wenn ich mich recht entsinne, graue Zylinder trugen. Mir scheint, dass sogar Henry James einen anhatte, und – es sei denn mein Gedächtnis vermengt hier zwei verschiedene Anlässe – eine riesige karierte Weste. Man hat zeremoniellen Abendessen auf Flaggschiffen beigewohnt, wo der Ober von „claret“ sprach, wenn er Bordeaux meinte, und wo Bath-Oliver-Cracker mit Käse auftauchten. (Stilton? Ich glaube, es war Stilton.)

Solche Aktivitäten kann man aber noch als natürliche Erscheinungen bezeichnen, um sie abzugrenzen von zahlreicheren „Bemühtheiten“, womit ich gesellige Anlässe meine, die Anstrengung und ungewöhnlichen Aufwand zu verdecken schienen.“

  • Ezra Pound, Guide to Kuchur, 1938

Man sagt auch, dass sich Allen Upward umgebracht hat, weil Shaw 1925 den Nobelpreis für Literatur erhalten hat. Das ist nicht die ganze Wahrheit, sicherlich, aber ganz unwahr ist es auch nicht.

 

Im Jahr 1915 schrieb er ein Theaterstück mit dem Titel ‚DAS GEFUNDENE PARADIES‘, das eine satirische Anti-Utopie über das Jahr 2115 ist, wenn die Nachkommen der Fabian-Gesellschaft endlich ihr Paradies auf Erden errichtet haben, wie George Bernard Shaw es entworfen hatte in seinen vielen Schriften und Reden.

Er selbst liegt in einem verzauberten Schlaf auf einem Fauteuil und wird von den Fabianern verehrt als der heilige Georg (der Drachentöter, wobei der Drache das Symbol für den Kapitalismus sein soll). Versehentlich wird er von einer jungen Fabianerin (Lady Wells) wachgeküsst und fängt an sich in ’seiner Welt‘ umzusehen, wo die Arbeiter (‚Kameraden‘) sich gegenseitig auf der Straße erschießen und alle ein eisernes Halsband haben mit einer eingravierten Nummer, wo es keine Polizei mehr gibt, sondern nur Krankenwagen, wo aber Ärzte mit hochgiftigem Desinfektionsmittel herumfahren und ‚Kranke‘ einsammeln, die nach der Behandlung meistens nie wieder gesehen werden. Schülerinnen und Schüler kann man dem Geschlecht nach nur unterscheiden, da die Jungen eine Armbinde tragen.

 

Man kann sehr gut sehen, dass die Gesundheitsdiktatur und die ‚Genderei‘ nicht unvorbereitet kommen.


4. Überbevölkerung und Thomas Malthus

Hier zeigt Bill Gates eine liebevoll handgemachte Grafik, die uns das Problem der Überbevölkerung verdeutlichen soll:

 

Seltsamerweise hat der Entdecker der Überbevölkerungstheorie schon im frühen 19. Jahrhundert die Explosion der Bevölkerung und das gleichzeitig viel geringer Wachstum von Lebensmittelproduktion erkannt, obwohl Bills Grafik dies nicht so anschaulich hergibt. Bei Bill sieht das Bevölkerungswachstum bis 1850 noch sehr linear aus:

Thomas Robert Malthus (* Februar 1766 in Wotton bei Dorking, in der englischen Grafschaft Surrey; † 29. Dezember 1834 in Bath) war ein anglikanischer Pfarrer und britischer Ökonom, der zu den Vertretern der klassischen Nationalökonomie gezählt wird. Malthus war der erste Professor für politische Ökonomie in England.

Im Jahr 1798 stellte er ein mathematisches Modell des Bevölkerungswachstums auf. Obwohl sein Modell einfach ist, wurde es zur Grundlage für die meisten zukünftigen Modelle biologischer Populationen. Sein Aufsatz „An Essay on the Principle of Population“ stellte er fest, dass sich die menschliche Bevölkerung (wenn sie nicht von ökologischen oder sozialen Zwängen eingedämmt wird) alle fünfundzwanzig Jahre verdoppelt, unabhängig von der ursprünglichen Bevölkerungsgröße. Mit anderen Worten: Er stellte die These auf, dass die Bevölkerung in einem bestimmten Zeitraum um einen festen Prozentsatz zunimmt und dass dieser Prozentsatz in Ermangelung von Zwängen nicht von der Größe der Bevölkerung abhängt.

Vor Malthus hat man gedacht, dass eine wachsende Bevölkerung eine größere Produktivität eines Landes hervorbringen könnte. Malthus widersprach dieser Ansicht vehement. Er stellte die These auf, dass die Bevölkerungszahl exponentiell wachse, die Nahrungsmittelproduktion aber nur linear.

Malthus hatte folgende Vorschläge zur Eindämmung der Überbevölkerung.

1. Sozusagen die ‚proaktive Eindämmung‘ durch Steigerung der Todesraten (man könnte auch sagen Entvölkerung durch Hunger, Krankheit und Krieg) und 2. ‚Präventive Eindämmung‘ durch Verringerung der Geburtenzahlen (etwa durch Abtreibung, Verhütung, keine oder sehr späte Heirat, Zölibat).

Deswegen war Malthus auch gegen die ursprüngliche „Poor Law“ 5, also Gesetze, die dazu dienten, die arme Bevölkerung von England zu unterstützen, denn das einzige Mittel gegen die große Menge an Armen war noch mehr Armut, damit gerade diese Menschen endlich einsehen, dass sich das Leben nicht lohnt.

Daraufhin reformierte England diese Gesetze und änderte das Management der „Workhouses“, wo Arbeiter wohnen und arbeiten durften, streng nach Geschlechtern getrennt, um primitive amouröse Instinkte und auch allgemeine Lebenslust bei ihnen zu minimieren.

Charles Darwin war so von Malthus inspiriert, dass man durchaus vermuten kann, dass Darwin selber der erste Sozialdarwinst war. Galton und die Eugeniker waren von Malthus und Darwin inspiriert.

Eugenik wird seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs tabuisiert und den Nazis in die Schuhe geschoben. Tatsächlich haben sie nur fortgeführt, was in England 130 Jahre vorher (gerade von einem Priester) ersonnen wurde und die ganze Zeit über als vollkommen salonfähig galt.

Aufgrund von historischen Verstrickungen, aber auch weil Malthus Theorie, dass die Bevölkerung exponentiell wachsen ‚muss‘, während die Produktion nicht anders als linear wachsen ‚kann‘, einfach an den Haaren herbei gezogen ist, hat man seine Theorie modernisiert und mehr Betonung auf Umweltschutz (der Mensch bedroht die Umwelt ja schon, indem er atmet) und Epidemien gelegt.

Ich habe neulich gehört, dass in fernen Ländern wie Kolumbien, Kinder nicht mehr in die Schule gelassen werden ohne Impfung, aber zugleich ein Gesetz erlassen wurde, dass Abtreibungen bis zur 24. Woche der Schwangerschaft legal sind, das sind 168 Tage von 273,75 Tage (9 Monate). Skeptische Menschen in diesem Land bewerten ersteren Umstand als Beleg für die proaktive und zweiteren für die präventive Eindämmung der dortigen Bevölkerungszahlen ganz analog zu Malthus Empfehlungen.

5. George Bernard Shaw


GBS der Drachentöter

Ich bin immer wieder aufs Neue frappiert von Shaws Naturtalent, arbeitende Menschen zu verachten. Wenn Shaw diesbezüglich in Fahrt ist, denkt mal als Leser wirklich, dass das nur einer schreiben konnte, der noch nie in seinem Leben arbeiten musste. Dabei war Shaw eigentlich Büroangestellter, bevor er sich „in die Literatur gerettet“ hat, wie er selbst es einmal formulierte.

Bei Virginia Woolf ist das etwas anderes – wenn Sie ihre lyrische Prosa für besonders Sensible und Intelligente geschrieben hat und dann auf einem Spaziergang eine lange Schlange von Arbeitslosen sah und daraufhin in ihr Tagebuch schrieb, Arbeitslose wären so hässlich, sie verdienten es garantiert nicht, zu leben, dann sagte sie das in Unschuld, man kann nur vermuten, dass sie keinen Spiegel hatte. Vermutlich hat ihr dann jemand einen Spiegel geschenkt, als sie im reiferen Alter war und dies erklärt dann ihren Entschluss, ihrem Leben ein Ende zu setzen.

Doch obwohl Virginia Woolf offenbar auch nicht aristokratisch in einem adeligen Sinne war, sondern nur in einem geistigen, verwundert Shaws angelernter Adel, da er fast zu perfekt ist, um von einem ehemaligen Angestellten zu kommen. Ich zitiere aus dem Kapitel „Löhne“ aus Fabian Essays in Socialism, GBS:

 

„Es ist die selbe Kraft, die weiterhin dafür sorgt, dass sich die Menschen vermehren, bis ihr Tauschwert langsam und sicher fällt, bis er ganz verschwindet – bis selbst schwarze Leibeigene frei gelassen werden, da sie es nicht wert sind, erhalten zu werden in einem Land, wo Menschen aller Farben für nichts zu bekommen sind. Das ist der Zustand unserer englischen Arbeiter heute: Sie sind nicht mal mehr spottbillig: sie sind wertlos und man kann sie für gar nichts haben. Der Beweis sind die Arbeitslosen, die noch nicht einmal mehr Käufer mehr finden können. Nach dem Gesetz der Indifferenz wird niemand Menschen zu einem Preis kaufen, wenn er ebenso dienstbare Menschen für nichts erhalten kann.“

  • Löhne, Fabian Essays in Socialism, GBS

 

Überbevölkerung

„Die Einführung des kapitalistischen Systems ist ein Zeichen, dass die Ausbeutung des Arbeiters, der sich für das nackte Überleben abplagt, die wichtigste Lebenskunst der Inhaber der Mieterrechte geworden ist. Es erzeugt auch das trügerische Versprechen eines endlosen Angestelltenverhältnisses, welches das Proletariat bezüglich der grauenhaften Konsequenzen schneller Vermehrung verblendet, die dem kleinen Landwirten oder Bauern mit Eigentum durchaus bekannt sind. Aber tatsächlich, je mehr man die Arbeiter degradiert und ihnen jedes künstlerische Vergnügen nimmt und jede Möglichkeit auf Respekt oder Bewunderung durch ihre Genossen, um so mehr werden sie zurück geworfen auf das letzte menschliche Band, das ihnen noch übrig geblieben ist, die Befriedigung ihres Instinktes der Produktion von frischem Menschenangebot. Ihr werdet diesen Instinkt als göttlich beklatschen bis er zur Belästigung wird: es komme eine Plage von Menschen; und plötzlich erkennst du, dass der Instinkt diabolisch ist und du beginnst zu rufen „Überbevölkerung“. Aber deinen Sklaven sind deine Rufe egal: Sie vermehren sich wie Kaninchen; ihre Armut erzeugt Schmutz, Hässlichkeit, Unehrlichkeit, Krankheit, Obszönität, Trunkenheit und Mord. Inmitten der Reichtümer, die ihre Arbeit für dich auftürmt, steigt ihr Elend ebenfalls auf und erstickt dich. Du ziehst dich ekelerfüllt in die andere Ecke der Stadt vor ihnen zurück; du reservierst für sie besondere Waggons in deinen Zügen und besondere Sitzplätze in deinen Kirchen und Theatern; du trennst dein Leben von ihrem durch jede Klassenschranke, die dir ausdenken kannst. Dein Gesicht erhält den Stempel deiner Verachtung für sie und deines Misstrauens. Deine Ohren werden so angefüllt mit den niedrigsten ihrer Sprechweisen, dass sie aus dir herausplatzen, wenn du die Selbstkontrolle verlierst. Gnadenlos vergiften sie dein Leben, so wie du ihr Leben herzlos geopfert hast. Du fängst an, lebhaft an den Teufel zu glauben. Dann kommt die Angst, dass sie revoltieren könnten; (…) Und während dessen wächst die Bevölkerung weiter.“ (Fabian Essays in Socialism, GBS)

Viele konnten GBS nicht einschätzen, sie wussten nicht, ob er ein Zyniker war oder ein Spaßvogel oder ein Idealist oder ob es bitter ernst meinte oder vielleicht nicht verstanden hat, was Aussagen wie folgende, zur Folge haben würden:

„Sie alle müssen mindestens ein halbes Dutzend Leute kennen, die in der Welt keinen Nutzen haben; die mehr Aufwand sind als sie Wert haben. Diesen sage man einfach, also, mein Herr oder meine Dame, seien Sie bitte so freundlich, Ihr Dasein zu rechtfertigen. Wenn Sie Ihr Dasein nicht rechtfertigen können, dann tun Sie nicht das Ihrige im sozialen Boot. Wenn Sie nicht ebenso viel (oder vielleicht etwas mehr) produzieren wie Sie konsumieren, dann ist es klar, dass wir die große Organisation unserer Gesellschaft nicht dafür verwenden können, Sie am Leben zu erhalten, da Ihr Leben uns keinen Nutzen bringt und auch Ihnen selbst nicht viel Wert sein kann.“ – GBS

Diese Aussagen wurden ca. 1931 auf Film aufgenommen:

„Die Vorstellung, dass Menschen vor der Todesstrafe sicher sein sollen, solange sie nicht absichtlich Mord begehen oder einen Krieg gegen die Krone beginnen oder entführen oder Vitriol werfen, bedeutet nicht nur, die soziale Verantwortung unnötig einzuschränken und sehr viele unerträgliche Verhaltensweisen, die außerhalb davon liegen, zu bevorzugen, sondern auch um die Aufmerksamkeit von der wahren Berechtigung der Todesstrafe abzulenken, nämlich immer unkorrigierbare soziale Inkompatibilität und nichts anderes.“

– George Bernard Shaw, “On the Rocks” (1933)

Weiterhin ist es interessant, dass GBS 1934 wie prophetisch von der Einsetzung von Gas als Todesstrafe gesprochen hat:

„Ich appelliere an die Chemiker ein menschliches Gas zu entdecken, dass sofortig und schmerzlos umbringen wird, tödlich auf jeden Fall, aber menschlich, nicht grausam.“

– George Bernard Shaw, The Listener Feb 7, 1934

Verwendung von Gaskammern:

„Wir sollten uns dazu verschreiben eine große Menge an Menschen umzubringen, die wir derzeit leben lassen und dafür viele Menschen leben zu lassen, die wir momentan umbringen. Wir müssen alle Ideen über die Todesstrafe loswerden…

Als Teil der eugenischen Politik würden wir schließlich dazu kommen, Gaskammern sehr häufig zu verwenden. Sehr viele Leute müssten nämlich verscheiden, da es ganz einfach die Zeit anderer Menschen verschwendet, sich um sie zu kümmern.“

– George Bernard Shaw, Vortrag in der Eugenics Education Society, berichtet im The Daily Express, 4. März 1910

 

“Sobald wir der Sache ins Angesicht blicken, kommen wir nicht um folgendem Schluss herum. Die Gesellschaft hat ein Recht, dem Recht auf Leben einen Preis zu geben… Wenn Menschen für das Leben fit genug sind, dann sollen sie unter anständigen Bedingungen leben. Sind sie nicht zum fit für das Leben, dann sollte man sie auf anständige Weise umbringen… Ist es denn ein Wunder, dass sich manche von uns genötigt sehen, Gaskammern als einzige Lösung zu sehen für all die Härtefälle, die gegenwärtig zur Ausrede werden, um alle anderen Fälle zu sich herunter zu ziehen und als einzige Möglichkeit einen Sinn für gesellschaftliche Verantwortung in modernen Bevölkerungen zu erzeugen?“

– George Bernard Shaw, Einleitungen (London: Constable and Co., 1934), p. 296

 

„Im Sozialismus, dürftest du nicht arm sein. Man würde dich zwangsernähren, anziehen, eine Wohnung geben, unterrichten und anstellen, ob es dir nun passt oder nicht. Würde man nun entdecken, dass du nicht den Charakter und den Fleiß hast, um diese ganze Mühe wert zu sein, dann würde man dich vermutlich auf die freundliche Art exekutieren; aber wenn man es dir erlaubt zu lebe, dann musst du gut leben.“

– George Bernard Shaw: The Intelligent Woman’s Guide to Socialism and Capitalism, 1928, pg. 470)

 

6. H. G. Wells

H. G. Wells, 1920

„Er hält sich tatsächlich für einen Soziologie-Wissenschaftler, weil er die London University Prüfungen in Chemie und Biologie bestanden hat (und nicht gerade mit Auszeichnung)! Er entwickelte dann ein wahrhaftes Genie für pseudowissenschaftliches Geschichten-Erzählen. Er macht sich irgend eine Hypothese oder neue Erfindung zu eigen und zwirbelt sie herum zu einer Geschichte über die Männer und die Frauen, die in das Experiment verwickelt sind – ob es nun ein Flug durch die Luft ist oder der chirurgische Eingriff in das Gehirn von Tieren oder Menschen. Aber leider hat sich Wells nicht damit begnügt ein köstlicher Romanschriftsteller zu sein – ein erhabenerer Jules Verne – er hat sich selbst für einen großen Denker gehalten – als Formgeber der zukünftigen Welt – im Allgemeinen und im Besonderen des Weltstaates, der einen Großteil der Menschheit erretten soll. Aber so ein grandioses Ziel macht Wissen über die gesellschaftlichen Institutionen nötig- und darin hat H. G. Wells ebenso bescheidene Kenntnisse wie ich über die Mysterien der Mathematik. So reist H. G. Nach Washington und isst zu Abend mit den Roosevelts und sie hören ihn mit höflicher Selbstzufriedenheit an, wie er über seine offene Verschwörung spricht und beenden den Abend mit einem ermutigenden „Warum nicht?“. Dann fliegt er nach Moskau und drängt sich Stalin auf, der ihn kritisch beäugt wie einen feindlichen Journalisten.“

– Beatrice Webb, Tagebücher, Okt. 1934

Ford Madox Ford, 1936:

„Ich glaube, Herr H. G. Wells und ich sind jetzt mehr Jahre verfeindet, als ich mir gerne bewusst mache. Die Situation wird umso pikanter, da inzwischen der eine oder der andere von uns der Doyen der englischen Romanciers geworden sein muss, obwohl ich lieber nicht entdecken möchte, welcher. Im Reich der Schriftkunst, jedenfalls, waren Herr Wells und ich fast dieses ganze Jahrhundert Anführer gegnerischer Streitkräfte.

Ich finde es nicht unbescheiden, wenn ein Mann behauptet, er ist der Anführer von Kräften, wenn seine Militäreinheit tatsächlich eine Einheit ist. Damit will ich sagen, dass man sagen darf, dass man der Anführer seiner selbst ist… Denn es ist nun einige Jahre her, dass ich einen Kampfgenossen hatte, so vollständig war der Triumph von Herrn Wells Kräften. Aber es gab gute alte Zeiten, als die Kräfte noch ähnlich stark waren. Damals war ich nur ein Mitglied eines Lagers. Wir waren der Ansicht, dass die Welt nur gerettet werden konnte, durch die Künste. Mr. Wells und seine Anhänger verkündeten, dies könne nur durch die Wissenschaft bewerkstelligt werden. (…)“

 

„Mr Wells war in diesen frühesten Tagen der phantasierende Wissenschaftler – nach seiner Ansicht Wissenschaftler, aber Phantast in unseren Augen. In diesen Tagen zerbrach sich keiner den Kopf über die Wissenschaft. Es schien ein angenehmes Hobby, wie Briefmarken sammeln. Und ich muss wirklich sagen, so betrachte ich es immer noch. Man brauchte die Wissenschaft damals nicht und man wird sie in der nicht so fernen Zukunft noch weniger brauchen, wenn sie einmal vom Thron gestürzt wird.“

  1. s.a. Gutenberg 
  2. https://en.wikipedia.org/wiki/Minority_report_(Poor_Law)#:~:text=The%20Minority%20report%20was%20one,from%20the%20existing%20Poor%20Law
  3. https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_Fabian_Tracts_(1884%E2%80%931915)
  4. Orwells Verleger entstammt übrigens der berühmten Warburg Familie
  5. https://en.wikipedia.org/wiki/Act_for_the_Relief_of_the_Poor_1601