Ein wirklich konsequenter Moralist löst sich in Unmoral auf, das ist nicht anders möglich. Das erinnert mich an Andrej Platonow, der so ein überzeugter Sozialist war, dass die Sozialisten seine Bücher verbieten mussten, um den kommenden Kommunismus nicht zu gefährden.
Heilt Hitler
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Das Wunder von Stalingrad
Der Film beginnt dunkel und nur das wenige Schimmern der roten Fahne mit dem Hakenkreuz überzeugt davon, dass der Film nicht Schwarz-Weiß ist. Zwei Kameraden, Krücke (Herbert) und Frontenbold (Gunther) erwarten den unausweichlichen Tod in Stalingrad. Sie haben sich in einem Gebäude verrammelt und Herbert rührt Gips an, während der Frontenbold einen Brief an seinen Führer schreibt, dabei trinkt er die restlichen Tropfen Alkohol, die ihm noch bleiben. Sie leiden große Angst und Herbert frisst Gips und gipst sich von Kopf bis Fuß ein, weil er den nahenden Tod nicht ertragen kann. Frontenbold ist ein Trunkenbold und Witzbold an der vordersten Grenze zum Heldentod.

„Ich stehe ja eh mehr auf das, was die Kehle befriedigt, sei es Gelächter oder Schnaps.“
Er räsoniert: „Wenn der Krieg vorbei ist, bin ich wieder ganz schön allein. Ist ganz hübsch ein Unterschied, ob die Kameraden lachen oder ob eine anonyme Masse lacht, wenn du besoffen aus der Trambahn fällst.“
Plötzlich will Gunther nicht in russischer Erde liegen, er will unter einer deutschen Autobahn begraben sein, weil er das Sausen der deutschen Autos so liebt. Er macht das Sausen nach aber es klingt bedrohlich, sein Gesicht ist ganz wahnsinnig und die Autos scheinen unter seinen Gesten zu explodieren. Herbert denkt an seine Bräute, er denkt, wie sie ihn betrogen haben. Der Frontenbold liest dessen Briefe an die fünf Frauen vor.
Mit den Worten „Meine über alles geliebte Anytta“ wechselt sie Szene und man sieht das hoffnungsvolle Gesicht einer jungen Frau, die an einem blühenden Baum steht. Die Musik klingt asiatisch und Herbert erklärt, dass es sich um einen Kirschbaum handelt aber dann zweifelt er: war es vielleicht doch ein Birnbaum unter welchem die Buschwindröschen blühten und die lachsrote Unterhose der Anytta gelegen hat?
Herbert hat sich inzwischen völlig eingegipst. Herein stürmt ein russischer Soldat und versucht, ihn zu erschießen, doch das Gips hält stand und als ein Deutscher kommt, um den Russen zu erschießen, stellen er und Gunter fest, dass in dem Gips kein Mensch mehr steckt, es ist eine Hülle ohne Mensch, der Mensch darin ist verschwunden.
Der Deutsche sagt, dass das „Das Wunder von Stalingrad“ sei und dass man auf ein solches Ende hoffen müsse, denn einen anderen Ausweg gäbe es nicht. Da kommen die Russen und schießen die Übrigen tot.
Die Frauen Herberts erleben während dessen ein kleines Abenteuer. Sie sind alle am Starnberger See versammelt und halten ihre Kinder (wer die genauen Väter sind, ist nicht so wichtig, gescheiter ist es doch, wenn man weiß, wer sein Kind ist), auch kleine Katzen sind täppisch unterwegs. Auf ein Mal fliegen „Bomber, Amerikaner!“ über ihre Köpfe hinweg und die Frauen rennen von ihren Kindern weg, damit sie zerbombt werden und nicht ihre Kinder.
Die Frauen winken mit ihren Unterhosen dem Himmel zu, während sie sich gegenseitig versichern, dass sie nur Verachtung für kriegtreibende Männer haben, sie spucken gemeinschaftlich auf den Boden. Da stürzt einer vom Himmel ab, ein schwarzer, amerikanischer Soldat. Glücklich über die männliche Gesellschaft, wollen die Frauen ihn als Frau verkleiden. („Sonst erschlagen dich die Unseren.“) Und tatsächlich: kaum haben sie ihm die Bademütze und die weibliche Kleidung angezogen, da kommt schon der Nachbar (Joseph Bierbichler) mit der Axt angelaufen.
(Kleine Bemerkung: meine Schwester fragte mich unlängst, warum die Frauen „gegen die Bomenangriffe“ Bademützen tragen, diese seien sicherer „als das gefährliche Haar“. Ich meinte, die Mutter Achternbuschs soll Sportlehrerin gewesen sein. In „Die Atlantikschwimmer“ stellt er sie als Schwimmlehrerin dar. Aber andererseits ist es eben seine Form von Surrealismus. Aus heutiger Sichert erinnern die Badehauben gegen Bombenangriffe an die FFP2 Masken, von denen wir wissen, dass sie nicht vor Viren schützen, weil sie dafür viel zu grobmaschig sind.)
Hier übrigens, hat schon eine wichtige Musik eingesetzt, sie klingt nach einer Mischung aus Idylle und Atomwinter, oder jedenfalls nach gemeinsamer Einsamkeit in einem Leben voller Todesahnung und Hoffnung, es ist Dvorzaks „Symphonie aus der neuen Welt“.
Der Nachbar eilt, wie gesagt, herbei und will den Schwarzen mit der Hacke erschlagen. Doch die Frauen überfallen ihn zärtlich und binden ihn an einen Baum. Zuerst streitet der Nachbar mit den Frauen und sagt, bald würden sie alle erschossen: „Peng, peng, peng, peng!“, erläutert er.
„Du bist doch plem, plem, plem“, sagen die Frechen ohne Angst dazu.
Ein Wirrwarr aus einfachem Peng-peng-peng und mehrfachem Plem-plem-plem mischt sich in die Musik und man meint, vielleicht den glücklichsten Augenblick im Leben dieser Menschen mitzuerleben.
Der Nachbar wird versöhnlich, nachdem er die Familienfotos des Schwarzen sieht, er meint zwar überlegen: „Dass die Deinen schwarz sind, das glaube ich dir. Das liegt doch auf der Hand. Komm. Bind mich los.“ Aber sanfter wird der Nachbar nichtsdestotrotz. Seine Begründung für diesen Umstand ist, dass dieser Schwarze wenigsten für etwas Farbe in den Kindern der Frauen sorgen könnte. Somit könnten sie nicht jedem Mann ihre Babys andrehen. (Jetzt werden Kühe und Kälber gezeigt: in der Tat. Alle gleich, seit Generationen.)
Jetzt erzählt der Sepp was über den Herbert, von dem er übrigens nicht weiß, wie er sich in die Armee geschlichen hat. Der Herbert hatte ein Handtascherl, das er unbedingt loswerden wollte, an eine Frau, die sich seiner noch erinnert, wenn er nicht mehr ist. Alle Frauen haben es abgelehnt, bis auf die Anytta, die hat es genommen und geweint. Aber keine von den Weibern hat gemerkt wie viel Brustwarzen die Tasche hatte, nämlich sechs, genau wie der Herbert selbst und dazwischen war die Rose von New Orleans eintätowiert. (Das einzige Geschenk vom Herbert war eine zu große Last.)

Der Ausweg im Hofgarten
Zwei Rentner stehen im Hofgarten und lesen die Schrift auf dem Denkmal der toten Soldaten: „Sie werden auferstehen“. Sie ängstigen sich, weil ihre Rente ja schon so wie es ist, hinten und vorne nicht ausreicht. Wie wird es erst, wenn die alle auferstehen und ihren Teil fordern? Eine abgespulte Stimme sagt immerzu: „Bitte warten. Bitte warten. Bitte warten.“
Eine junge Dame besucht den toten Soldaten und vergisst ihre Jacke bei ihm. Er steht auf, so wie es in der Schrift versprochen war, und zieht ihre Jacke an. Es ist der verlorene Herbert, der im Gips gestorben und hier im Hofgarten wieder zum Leben findet. Er redet die Rentner auf Russisch an. Die Frau sagt: „A Russ“, der Mann meint: „Für mi is des a Gspinnerter und kei Russ.“
Über alle Maßen wundert sich der Soldat, dass jemand in Stalingrad Deutsch kann. Da kommt die junge Dame daher und nimmt ihm die Jacke ab, die ja ihr gehört. Hand in Hand geht sie mit einem Mann davon, der dem schwarzen, abgeschossenen Amerikaner gleicht. Herbert setzt sich auf eine Bank, neben die Rentner. Vor ihnen auf dem Boden liegt eine Rose neben einem Hundekot. Die Frau sagt ihrem Mann, dass sie die Rose möchte, aber er entgegnet, dass er nur einen Hundsdreck sieht. Sie sagt zynisch: „Hast du schon a mal was anderes gesehen wie einen Hundsdreck?“ Offensichtlich nicht, denn er weigert sich, die Rose zu sehen, die Herbert jetzt begeistert aufhebt und der jungen Dame schenkt, die übrigens in ihrem Gesicht lauter schwarze Punkte hat.

Sie führt ihn vom Hofgarten bis zum Marienplatz und versichert ununterbrochen, dass er sich in München befindet: im einzigen München. Er aber glaubt es nicht, er denkt, dass Stalingrad nach der deutschen Eroberung nun in München unbenannt wurde und bringt das Argument: „So viele Autos, genau wie der Führer versprochen hat.“
Die junge Dame behauptet felsenfest, dass es hier weder Nazis noch Kozis (Kommunisten) gäbe, sondern nur Geld: und zwar den Überfluss davon wie den Mangel.
„Wie langweilig. Wie ungerecht.“, meint der Stalingradkämpfer und fügt hinzu, dass die Ungerechtigkeit immer langweilig sei, gerade so… wie ein KZ… „Ein was?“ „Nichts, nichts. Pscht. Ich habe nichts gesagt.“ „Was?“ „Nichts, nichts.“
Aber wo sind die Symbole des Nationalsozialismus, fragt sich der Mann. Ist es möglich, dass alle so gute Nazis geworden sind, dass sie kein Zeichen mehr für die Ideologie benötigen?
Nachdem sie auf dem Marienplatz Spenden eingesammelt haben, verabschieden sich der Stalingradkämpfer und die junge Dame. Die Frau will ihm Mut machen und ruft ihm noch zu, er solle blind an sich glauben, doch Herbert bekommt seine Augen nicht richtig auf.

Er fährt mit der Bahn zum Starnberger See. Zwei Polizisten stehen vor einem Steg und diskutieren darüber, wie man mit Anglern zu verfahren habe. Große Fische gehen in den Besitz des Anglers über, kleine Fische hingegen nicht. Als sie Herbert erblicken, nennen sie ihn „teurer Kamerad“ und erkundigen sich, wie es an der Front war.
„Mit solchen wie euch hätten wir den Krieg verloren.“, meint der Stalingradkämpfer.
„Der ist gut, der ist echt gut!“, lacht der ranghöhere Polizist begeistert.
Auf dem Steg schläft ein Mann. Er sieht dem Frontenbold Gunther aufs Haar gleich. Herbert erkennt ihn, umarmt ihn stürmisch und fällt mit ihm ins Wasser, nachdem der rangniederere Polizist ebenfalls ins Wasser gefallen ist.
„Moment! Warum taucht denn hier keiner mehr auf?“, fragt sich der übrig gebliebene Polizist auf dem Steg. Herbert taucht auf und zieht den Polizisten auf den Steg, weil er ihn für Gunther hält. Gunther währenddessen, läuft an Land und rennt weg.
„Immer läuft er weg, der Gunther!“, meint Herbert.
Man sieht Gunther, wie er in ein Haus rennt, es sieht aus wie ein Gasthaus, aber es ist eine Kirche. Drinnen sitzt der Priester und erwartet Gunther, der nicht Gunther ist, sondern der Sohn von Gunther … Traudilein.
Es ist sehr schwierig, das alles zu beschrieben, vor allem, weil jetzt ein Feuerwerk an Höhepunkten auf den Zuschauer einbricht. Die Musik ist jetzt „Stabert Mater“ von Pergolesi.
Und die Musik selbst ist ungewöhnlich: statt auf einen Höhepunkt hinzuarbeiten, besteht sie nur aus Höhepunkten. Deswegen passt sie so ausgezeichnet zu den berückend schönen Szenen, die jetzt folgen. Meiner Meinung nach ist dies das Herz des Films und es ist die geglückteste Verbindung von Bild, Sprache und Musik, die man sich vorstellen kann. „Stabert Mater“ wird in seiner Wirkung durch den Humor gesteigert, der Humor hingegen wirkt erhaben und zeitlos durch die Musik und die stilisierten Bilder. Die drei Welten: Bild, Klang und Sprache verbinden sich hier in traumhafter Weise. Wenn man den Film das erste Mal sieht, fliegt man hier bereits und man kann nichts im Gedächtnis behalten, weil auf jede Erscheinung eine scheinbar noch größere Erscheinung folgt.
Gunthers Sohn steht am Scheideweg seines Lebens: er soll heiraten aber es fällt ihm schwer, seinen Pfarrer zu verlassen, dessen Koch er ist. Seine Mutter ist auch nicht für diese Ehe, aber für den Pfarrer ist sie auch nicht. Sie findet, wenn er so viel beichtet, kommt er nicht mehr zum sündigen.
„Herr, du kennst meine Sünden all, haben wir sie doch zusammen begangen“, betet Gunthers Sohn Traudilein. Er verabschiedet sich von seinem Schrank und bittet diesen um Verzeihung der wenigen Gedanken wegen, die trotzdem beunruhigend waren und der Tränen wegen, die er darin geweint hat. Er verabschiedet sich von seinem Verkündigungsengel und dem Engel fällt eine Feder herunter – Traudilein hebt sie auf und steckt sie ihm höflich wieder an…
An dieser Stelle bin ich unwillkürlich an Werner Herzog erinnert: in seinem Film „Auch Zwerge haben klein angefangen“ bricht einem anarchistischen Zwerg die Türklinke ab und er steckt sie verlegen wieder an die richtige Stelle. Laut Werner Herzog ist dies das Kleinbürgerliche, das durch den wütenden Anarchisten durchschimmert. – Und es gibt noch eine Stelle, die an Werner Herzog erinnert – aber die kommt noch.
Traudilein hat seinen Priester trainiert, damit dieser den Stein im Wettbewerb am Höchsten hebe. Aber das ist nicht alles: Traudilein hat auch der Konkurrenz so laut: „Arschloch! Arschloch!“ zugerufen, dass ihnen die Moral ausging und der Sieg ausblieb.
Aber der Pfarrer findet, dass mehr Verdienst an ihm selbst läge, als an seinem Pfarrerkoch. Bayrische junge Frauen, die tanzen werden von der Taille ab gezeigt, ihre Kleider fliegen vor lauter Drehungen. Der Pfarrer sagt: „Du hingst mit deinem Rüssel an all dem Tand.“
Und Traudilein entgegnet, er könne sein Fleisch doch nicht dauernd betrunken machen: „Das Fleisch ist kein Planet mit eigner Bahn, das Fleisch, es hängt am Fleische dran.“
Herbert ist jetzt verzweifelt, dass Gunther sich nicht an ihn und seine Vergangenheit erinnern will. Traudilein (wie gesagt, der Sohn Gunthers) ruft seiner Mutter zu: „Bitte, tu mir diesen Kriegsbanditen weg!“ Aber die Mutter weigert sich. Der Herbert hätte ehrlich seine Schlacht geschlagen. Herbert aber ruft Traudilein zu: „Erinnere dich!“

Und inmitten der Erinnerung ändert sich die Geschichte plötzlich. Herbert erzählt: „Wir waren entflohene KZ-Häftlinge“.
(Warum ändert sich die Geschichte Herberts? Meine Interpretation ist: Herbert war Stalingradkämpfer, er hat gelitten und möchte sein Leiden verständlich machen. Aber die Menschen haben für sein Leiden nichts übrig und so erzählt er eben die Geschichte von seinem Leiden in einer anderen Verkleidung, in einer, die von der Gesellschaft und den Nachgeborenen akzeptiert wird.)
Es folgen jetzt Szenen, die die Erzählungen Herberts darstellen, die er als Erinnerungen ausgibt. Sie sind hochstilisiert und sehr stark vom Stummfilm beeinflusst. Die Figuren reden nie mit eigener Stimme, es ist immer der Erzähler, der beschreibt. Man kann diesen Teil zusammenfassen mit: „Wir waren zwei KZ-Häftlinge mit einer deutschen Uniform.“
Sie waren also zwei Flüchtige und einer von beiden muss sterben, damit der Andere mit der Tarnung überlebt. Herbert bringt Gunther um, indem er ihn mit einem Stein erschlägt.
Dieses Erschlagen wird später noch mal in Zeitlupe wiederholt (alles zu „Stabert Mater“) und hier bin ich wieder an Werner Herzog erinnert: die Szene als Woyzeck die Marie ersticht, die Szene zu Zeitlupe wechselt und dieser bedeutungsvolle Musikwechsel stattfindet.
An dieser Stelle möchte ich nochmals eine Interpretation anbieten: Der Stalingradkämpfer hat, wie gesagt, wirklich gelitten und er sucht nun nach der passenden Geschichte zu seinem Erlebnis, eine Geschichte, die auch jeder versteht. Da er die Schuld aber nicht wegleugnen kann und im Gegenteil rechtfertigen möchte, stellt er sich als unmoralischen KZ-Häftling dar, der seinen eigenen Kameraden erschlägt. Einerseits ist es eine Beichte, andererseits eine Rechtfertigung, da er sagt, dass die anderen Beteiligten im Krieg ebenfalls Unmoralisches getan haben und damit weiter leben mussten und sogar konnten.
Die Szene kommt jetzt wieder zurück zum Priester, Traudilein, Herbert, Traudileins Mutter Traudi und nun betritt überraschend Anytta den Raum. Herbert schaut entgeistert: „Anytta!“
Traudi sagt: „Anytta ist das nicht, das ist Anita.“ Mit anderen Worten die Enkelin Anyttas und Herberts. Anita setzt sich auf den Schoß des Pfarrers, der ja keine Gefahr für sie darstellen kann, denn was kann ein „schwuler Herr“ einem jungen Mädchen antun? Der schwule Herr versucht dem Mädchen die Religion zu erklären und endigt mit „Verstehst du das Programm?“ Sie schüttelt lange den Kopf, wie ein Pferd, das sich von seinen Gesichtszügeln befreien möchte.
Die Hochzeit kommt und Traudileins beunruhigende Pfarrerphase nimmt damit ein so beunruhigendes Ende wie dieses. Der Nachbar Sepp ist da und er denkt, dass er der Vater von der Annamirl ist (der Mutter Anitas), daher schenkt er ihr fünf Mark und steckt sie ins Handtascherl, das ihr vermacht wurde und worin sie so ein schreckliches Buch fand: „Ausmerzen“. „Ausmerzen? Hat das mit dem Merz was zu tun?“, fragt Sepp den Pfarrer. Aber der Pfarrer meint hauptsächlich, dass die Kirche eben Verschiedenes ausmerzen muss, die Singvögel unter den Vögeln, die Blumen unter den Pflanzen und vor allem die Dichterköpfe, damit nur noch die Computerköpfe rattern.
Herbert versucht jetzt Anita zu verführen, er führt sie weg zu den Hügeln, wo die Rosen wachsen. (Herbert behandelt seine Krücke in der selben Weise, wie Chaplin seinen Spazierstock. Er hat den gleichen Schnurrbart auch wie dieser in „Der große Diktator“. Der Hut fehlt selbstverständlich auch nicht.) Die Rosen wachsen überall dort, wo er sich mit Frauen vergnügt hat. Bei fast jedem Rosenstrauch kann er etwas erläutern: „Hier haben wir deine Großmutter gezeugt.“
Aber Anita findet die alten Geschichten langweilig und Rosen hätten ohnehin so blöde Stacheln.
Sie gehen an einem Hügel vorbei, da springen zwei Springer in die Höhe, um einen Rosenstrauch zu erblicken. „Denn diesen Rosenstrauch zu erblicken ist ihr ein und alles.“
Anita blickt aber dauernd zur Autobahn hinüber und fragt, ob sie nicht lieber raten wollen, in welchem Auto einer drin sitzt und in welchem zwei. Herbert findet das langweilig, aber er gibt sich selbst zu, dass er sie nicht begeistern kann mit seiner Vergangenheit. Da rennt sie auf die Straße zu. „Ja, willst du denn dem ersten von der Autobahn entgegenlaufen?“
“Ja!“
Sie rennt auf einen Mann mit Blumenstrauß zu, einem Schwarzen, identisch dem abgeschossenen Amerikaner. Sie umarmt ihn, nimmt die Blumen und sagt begeistert: „Rosen!“
Derweil ist keiner der Hochzeitsgäste mehr übrig geblieben außer Sepp. Der geht stark betrunken auf einen Steg zum See und hält einen Monolog darüber, dass ein neuer Hitler kommen könnte und alle ihn unterstützten würden. Über Herbert meint er, dass der niemals in Stalingrad war: „Wahrscheinlich war der nur zwanzig Jahr in Andechs… besoffen!“
Ganz an der Spitze des Stegs pinkelt er in den See und ruft in die Nacht hinein: „Heilt Hitler! Heilt euch doch selber!“
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