(In der deutschen Bundesbank:)
Meine Herren, es ist Zeit! Der Aufschwung war sehr groß
Legt nun Hand an die Notenpresse an –
Und auf die Menschen lasst die Zettel los!
Befehlt der letzten Blase bald zu platzen
Gebt ihr noch drei heimlichere Wochen
Wir verkaufen dann – wie abgesprochen –
Was uns gelang, den andren aufzuschwatzen.
(Ein Arbeitsloser:)
Wenn ich das kauf, kauf ich lang nix mehr
Wenn ich jetz‘ kein Geld mehr hab, dann wird das lang so bleiben
Ich werd‘ hoffen, warten und Bewerbungen schreiben
Werd‘ in den Gängen des Arbeitsamtes hin
Und her wandern, mit zwei Käsescheiben
(Parodie auf Herbsttag von R.M. Rilke)
Zur Entschuldigung Rilkes sei gesagt, dass er immerhin Hauslosigkeit optionierte, damit der Adept seine Eremitage auf der Landstraße kultivieren möge. Mag er ein Arhat geworden sein oder nicht… Jedenfalls wird er wenn er das durchgestanden hat, auch in keinem Arbeitsamt mehr wiedergeboren werden. Denn er hat gelernt: Wer sich bewirbt, der stirbt. Und das haben Erleuchtete in der Regel schon hinter sich. Alle Anderen müssen noch mal ran…
Nun ja, der Herr Rilke kultivierte seine „Hauslosigkeit“ größtenteils in den Villen und Schlössern oder auf den Gutshöfen seiner reichen Freunde/Mäzene, insbesondere seiner Freundinnen/Mäzeninnen. Letztere (oft „Musen“ genannt) durften zuweilen auch noch seine jeweilige Geliebte aushalten (im weitesten Sinne des Wortes). Die Landstraße benutzte er vorwiegend, um sich von der einen in die andere Residenz zu begeben. Bis er endlich in einem Sanatorium dahingerafft wurde, wohnte er (der zum Arhat nicht taugte) mietfrei in einem Walliser Château…
Wenn die Corona-Inzidenzen demnächst ins Minus abrutschen (warum nicht – die Zinsen haben das doch auch geschafft!), werden die Hartz IV-Adepten tatsächlich wieder mit ihren elenden Käse-Scheibletten aus dem untersten Discounter-Regal in den Gängen des Arbeitsamtes zirkulieren (im Moment dürfen sie noch nicht). Interessant übrigens: Während Arbeitsämter zu „Jobcentern“ und Arbeitsuchende zu deren „Kunden“ schöngeredet werden, degeneriert in der GGG-Gastronomie (geimpft, genesen, getestet) der willkommene Gast von einst zum „Zutrittsberechtigten“. Die KZ-Wächter, die die Berechtigung prüfen, haben nicht selten einen Migrationshintergrund. Aber das ist sicher nur Zufall…
Ja, die Problematiken der Dichter und Denker sind immer wieder ähnlich und doch so verschieden ausgeprägt. Louis-Ferdinand Céline schrieb in einer unbequemen Festung in Dänemark, dass Voltaire, gleich ihm, immer auf der Flucht war, nur eben, auf der Flucht von einem Schloss zum anderen. Und daher kam wohl der Titel D’un château l’autre.
Aber mit der kleinen Besonderheit, dass Voltaires letzte Schlösser seine eigenen waren. Er erwarb zwei hübsche Anwesen in Genf und Lausanne und wurde schließlich im nicht weit entfernten Ferney, auf französischem Boden, in einem dritten Schlösschen sesshaft. Denn er war kein Hungerleider und Schnorrer, sondern ein erfolgreicher Geschäftsmann, der u. a. landwirtschaftliche Mustergüter und eine Uhrenmanufaktur betrieb und dem verschwendungssüchtigen Herzog von Württemberg (demselben, der den jungen Schiller drangsalierte) eine Riesensumme leihen konnte – gegen Verpfändung einer ganzen Grafschaft. Voltaire spielte halt in einer anderen Liga…